20
Dez
2011

Schnee und Literatur

Ich frage mich, warum sich so viele Menschen weiße Weihnachten wünschen (das sind natürlich die Themen, die die Menschen um diese Zeit bewegen, da ich gerade darüber schreibe, kann ich mich ja nicht ausnehmen), Weihnachten hat doch in erster Linie gar nichts mit Schnee zu tun. Ja, ich finde Schnee schön, Weihnachten finde ich auch schön, beides zusammen noch besser, aber dass gerade an Weihnachten Schnee liegen muss? Ich glaube ja man will einfach Schnee (und nur deshalb weil er gut aussieht), und weil es grundsätlich irrational ist, sich etwas so Gefährliches und Tödliches zudem Arbeitsintensives wie Schnee zu wünschen, wünscht man es sich nur zu Weihnachten. An Weihnachten darf man das, irrational sein. Da dürfen auch ein paar Omas auf der Straße stürzen, ist ja Weihnachten, da hilft ihnen vielleicht sogar jemand (sonst ja nicht). Ich werde dem jetzigen Schnee zumindest, wenn er schon mal da ist, die Möglichkeit geben, eine Symbiose mit meinen nagelneuen Laufschuhen einzugehen (so er denn dazu gewillt ist) und dabei dem Erleben der Natur etwa eine Stunde widmen (das muss reichen, schließlich ist bald Weihnachten).
Wer eraubt eigentlich, dass in dieser besinnlichen (haha) Zeit noch Klausuren geschrieben werden? Mir kommt das ja gelegen, so komme ich noch früher nach Hause als sonst.

"In Wirklichkeit ist jeder Leser, wenn er liest, ein Leser nur seiner selbst. Das Werk des Schriftstellers ist dabei lediglich eine Art von optischem Instrument, das der Autor dem Leser reicht, damit er erkennen möge, was er in sich selbst vielleicht sonst nicht hätte erschauen können"

Marcel Proust


Nur allzu wahr, geradezu brilliant und dabei vollkommen selbsterklärend, was mich nicht daran gehindert hat, das Zitat auf sechs Seiten (und dabei war ich noch über den geringen Umfang enttäuscht) zu interpretieren. Was tut man nicht alles für ein gutes Abitur.

19
Dez
2011

Playlist

Heute mal wieder einiges über mich selbst gelernt – allerdings nichts Gutes, soweit ich das beurteilen kann (aber wer kann das schon von sich behaupten?).

Als ich, von einer gewissen Nostalgie befallen, die die vorhergehende Antriebslosigkeit fast nahtlos abgelöst hat, mich der Aufgabe stellte, alle Tracks, die mir in der letzten Zeit besonders gefallen oder die mich besonders bewegt hatten (eher ersteres, letzteres weniger, dabei sollte das doch eigentlich der Sinn von Musik sein…) auf einer Playlist zu sammeln, musste ich feststellen, wie sehr ich dem Mainstream verfallen bin (dabei war ich mal stolz darauf, jede Art von Musik zu hören).
Von zwölf Tracks (ich habe immer das Gefühl, dass einiges fehlt, aber meine Erinnerung ist wohl genauso schnell bzw. kurzlebig wie die Musikbranche) waren mindestens acht kürzlich in den Charts an vorderster Front mit dabei – da zweifelt man doch an seiner Individualität (großer Fehler, das ist der Anfang vom Ende) .

Sexion d’assaut, Dèsolè
Ich habe zwar den Text nie verstanden (werde ich auch nicht, das Französische ist mir fremd) aber dennoch ist das einer der ersten Titel, die mir eingefallen sind. Als „Désolé“ zum ersten Mal lief, habe ich mir wohl eine Übersetzung angeschaut – inzwischen könnte ich nicht mal mehr sagen, wovon es überhaupt handelt. Was hat das dann in meiner Tracklist zu suchen? Um den Text geht es offensichtlich nicht, aber trotzdem finde ich den Track einfach mitreissend, gefühlsstark (warum auch immer) und jetzt gehen mir die Adjektive aus (erbärmlich, und sowas will Abitur schreiben).

Black Eyed Peas, Meet Me Halfway
Hier verstehe ich zumindest den Text – immerhin etwas. Das Lied ist an sich ziemlich gewöhnlich und primitiv, eigentlich nichts besonderes, musikalisch so ansprechend wie die Obi-Werbung. Aber für mich kamen die Zeilen einfach zum rechten Zeitpunkt und haben gepasst wie die Faust aufs Auge.

Butterfly Crash, Bilateral
(ich weiß nicht, von wann der Track stammt, gestoßen bin ich darauf erst vor einigen Wochen)
Ich bleibe hier bei meinem Raster und komme wieder zuerst zu den Lyrics – die sind mir komplett unverständlich, gleichzeitig jedoch unfassbar einsichtig, dabei so einfach: es gibt einfach keine. Und das ist auch gut so. Musikalisch passen sowohl der Titel als auch der Name des Interpreten (Butterfly Crash – genial!) präzise zum Track. Das ist wirklich gewalttätiger Dubstep – und hat mich kurzzeitig überzeugt, ich müsse mich jetzt dieser Musikrichtung zuwenden. Das hat sich schnell wieder geändert, doch dieser Titel ist geblieben.

Paul und Fritz Kalkbrenner, Sky and Sand
Auch wenn der Titel dem Genre Tekkno zuzuordnen ist, die Single ist für mich kein Tekkno. Das Konzept dahinter dagegen schon, und das Gefühl, das sich beim Hören einstellt auch. Es bleibt zu sagen, dass Paul Kalkbrenner mir das geilste (das ist hier das einzig passende Wort) Konzert meines Lebens beschert hat, und „Sky and Sand“ dafür lediglich die Projektionsfläche ist.

Snow Patrol, Chasing Cars
Das muss manchmal einfach sein, nur daliegen und träumen (mache ich wohl in letzter Zeit etwas zu oft) oder Autos verfolgen, wie auch immer das zu verstehen ist.

Jay-Z und Alicia Keys, Empire State Of Mind
Darf ich einen Titel hier aufnehmen, nur weil er ein Ohrwurm ist? Ja darf ich, ist schließlich meine Playlist. Also gehört der concret jungle, where dreams are made of, New York einfach dazu, auch wenn ich eigentlich noch nie den Drang verspürt habe, New York zu sehen.

Pleasurecraft, Carny
„Wenn ich meine Oma vor nen Table stelle bekommt die sicher mehr hin als das“ – so und ähnlich sehen die Kommentare von Bekannten aus, denen ich diesen Track gezeigt habe. Naja, das ist halt Minimal Tekkno. Für mich persönlich jedenfalls wird in diesem Titel immer wieder eine starke Spannung aufgebaut, die sich dann unvergleichlich in einem progressiven Beat entlädt – aber ich habe noch niemanden gefunden, der diese Ansicht teilt (war wohl vom Interpreten auch gar nicht beabsichtigt). Hurra! Meine Individualität ist gerettet (schade nur, dass ich sie an so primitiver Musik festmachen muss).

Basstiraden – One Bullet
Love is just one bullet left – auf diese kurze Zeile beschränkt sich der ganze Text des Stücks (hier traue ich mich sogar “Stück” zu sagen, das habe ich vorher vermieden) – erschreckend genug. Wenn ich diesen Titel höre, dann läuft in meinem Kopf ein unglaublich real wirkender Film von Grauen, Krieg und Zerstörung ab – feuernde MGs und Geschütze, Leichenfelder, in Panik flüchtende Menschen - das ist wohl moderne Programmmusik. Ich finde es beeindruckend, dass ein einfacher Track (vielmehr ein „Stück“) sowas bewirken kann.

Owl City – Fireflies
Dieser Titel ist ein krasser Gegensatz zum vorhergehenden. Ich finde den Titel einfach süß (ob ich das als Mann wohl sagen darf – zumal als heterosexueller?). Das genügt doch wohl, um einen Platz in der Playlist zu bekommen.

Timbaland, If We Ever Meet Again
Diesen Titel verbinde ich eng mit einem Schüleraustausch an dem ich vor einiger Zeit teilgenommen habe und mit vielen tollen Menschen, die ich dort kennen gelernt habe. Wenn wir uns je wieder treffen, lasse ich euch nicht mehr gehen.

Stromae – Alors On Danse
Drogen, Probleme und die einerseits befreiende, andererseits aber auch illusionierende Welt von Musik, Tanz und Party, alles in einem Song (hier habe ich die Übersetung im Kopf behalten) und dann auch noch musikalisch ansprechend. Ausserdem mag ich einfach diese herrliche Tröte (ist das ein Grund? Eigentlich nicht).

Guru Josh Project, Infinity 2008
Dieses Lied ging einfach nur ab, als ich mit zarten 16 Jahren auf einer sogenannten Abiparty zum ersten Mal eine Disco von innen sah. Man möge dem unerfahrenen jungen Mann, der das erste Mal erlebt, was es bedeutet, sich in der Menge zu verlieren, sein getrübtes Urteilsvermögen verzeihen. (Warum denke ich nach dieser Schilderung bloß an Nationalsozialismus?).
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